Talad Noi, Bangkok

Ein Streifzug durch und nach Talad Noi

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Es ist schwül, die Sonne erwacht am Horizont der Megacity, die Boote knattern über den Chao-Phraya-Fluss und ich nippe noch am letzten Schluck meines Kaffees, bevor es zum Taxiboot ins Künstlerviertel Talad Noi geht.

Im Boot richte ich meinen Hut und beobachte meine Mitfahrer durch meine Sonnenbrille: Studenten in Uniformen gehen noch einmal ihre Hausarbeit durch, Auntie zieht ihren Lippenstift nach und einige Männer halten ein Schwätzchen am Morgen. Wir flitzen vorbei an Luxushotels, Tempeln, Wolkenkratzern und Shopping Malls, die immer intensiver von der Sonne angestrahlt werden. Besonders hat es mit der Anblick des Königspalastes in seiner vollsten Pracht angetan. Ich komme mir vor wie in einem Märchenland und kann mich an den ganzen Eindrücken und Lichtspielen gar nicht sattsehen.

Nach wenigen Minuten docken wir am Si Phraya Ferry Pier an, wo mein Streifzug per pedes durch Bangkok beginnt. Ich laufe vorbei am mächtigen Royal Orchid Sheraton und biege in Richtung portugiesische Botschaft ab. Als erstes fallen mir direkt die wunderschönen Verzierungen auf der Mauer der Botschaft auf und ich meine sogar Nelson Mandela auf dem Kunstwerk entdecken zu können. 

Street Art vor der portugiesischen Botschaft in Bangkok

Weiter geht es auf der Charoen Krung Road Soi 30. Vorbei an Kunstgalerien und dem Warehouse 30, einer ehemaligen Lagerhalle, die Kunst- und Designliebhaber mit ihren liebevoll eingerichteten Ateliers und Shops begrüßt. Überall wird man mit einem strahlenden Lächeln und Sawasdee kha/khrap begrüßt. Ich fühle mich auf Anhieb wohl, schaue dem ein oder anderem Künstler über die Schulter und lasse mich auf einen Plausch über Streetart ein. Bei dem Gespräch erfahre ich, dass ich mich nur wenige Minuten von einer der buntesten und schönsten Streetart-Straßen Bangkoks befinde. Die Neugier packt mich und ich lasse mich weiter entlang der hippen Straße leiten. Dort angekommen erwarten mich kaputte Autoreifen und ein verlassenes Tuk Tuk vor bunten Mauern mit schrägen Motiven.

Vor den Motiven reihen sich einige junge Thais und knipsen in den verschiedensten Posen einen Schnappschuss nach dem anderen. Kaum haben sie mich bemerkt, bitten sie mich zu ihnen und lassen sich mit mir ablichten. Hier ist sie wieder spürbar, die thailändische Herzlichkeit! Ab diesem Moment lassen mich Khun Noi und Khun Audi gar nicht mehr gehen und laden mich auf einen gemeinsamen Rundgang Richtung Talad Noi ein. Ich komme mit.

Unterwegs nasche ich ein paar frittierte Süßkartoffelbällchen, die ich der charmanten Verkäuferin kaum ausschlagen kann. Meine neue Freundin erzählt mir, dass sie bereits in der dritten Generation mit ihrem mobilen Laden durch die Straßen zieht und dies der beste Job der Welt sei, wenn sie vor allem Kindern ein Lächeln mit ihren Waren ins Gesicht zaubern kann. Sie bedankt sich bei uns für unsere Zeit und wünscht uns noch einen heiteren Tag. Dabei schenkt sie uns noch ein paar Süßigkeiten eingewickelt in Bananenblättern – aroy mak mak!

 

Ein Streifzug durch und nach Talad Noi, Bangkok

Gestärkt brechen wir auf zur Soi Chao Sua Son. Es riecht schwer nach Öl, die Stromleitungen über uns geben leise Töne von sich und überall liegen Schrotteile herum – die Ludolfs lassen grüßen. Heruntergekommen, aber dennoch charmant, blickt man auf die freundlichen Gesichter drumherum. Neben all den Haufen befinden sich wieder unzählige Garküchen und ausgeglichene Thais, die bei ihrem Rundgang, Einkäufen und Arbeitsweg freundlich grüßen.

 

Soi Chao Sua Son, Bangkok

Mittlerweile treibt mir die Mittagshitze Schweißperlen auf die Stirn und ich sehne mich nach einem kühlen Getränk. Meine Wegbegleiterinnen versprechen Abhilfe und führen mich zu einer hippen Bar, betrieben von einem österreichischen Daniel Düsentrieb und seiner thailändischen Frau, welche man durch eine kleine Tür mit Wellblech erreicht. Dort angekommen, suche ich mir ein lauschiges Plätzchen auf dem Sofa neben einem Surfbrett. Von dort aus habe ich eine wunderschöne Aussicht auf den majestätischen Chao Phraya-Fluss und lasse mir bei einem kühlen Mango-Shake den Wind um die Nase wehen.

Ich stelle mir vor, wie hier abends DJs an den Turntables stehen oder sich Models für diverse Covershootings ablichten lassen. Dieser Ort weckt kreative Ideen, aber lässt einen genauso gut entspannen und zum stillen Beobachter werden. Khun Noi erzählt mir, dass sie das Lokal oft abends zu Jam Sessions besucht und sie sich dort mit der jungen Bangkoker Künstler Szene trifft. Sie ist ganz aufgeregt und lässt mich kaum austrinken, da sie meine Faszination für ungewöhnliche Orte sofort erkennt. Sie möchte mich sofort zum nächsten coolen Spot führen, der ein wenig traditioneller und auf eine andere Art ganz einzigartig ist.

 

Baan Rim Naam, Bangkok

Gesagt getan. Wir bezahlen hastig unsere Getränke, verabschieden uns von den herzlichen Hosts und machen uns auf zu einer thailändischen Familie chinesischer Abstammung, die neben einer Beagle-Zucht auch eine Tauchschule der etwas anderen Art betreibt. Von außen lassen sich bereits die chinesischen Einflüsse mit ihren wunderschönen Lampions erkennen, aber eine Tauchschule? Ich staune nicht schlecht, als ich das rote Tor durchquere und einen recht großen Pool im Innenhof entdecke. Um den Pool herum befinden sich Holzterrassen, die einen ausgiebigen Blick auf den Pool bieten. Der Besitzer Khun Aoi lädt uns auf einen typischen Thai Eistee mit zuckersüßer Kondensmilch ein. Dabei erzählt er uns, dass sein kleines Paradies immer mehr von jungen Thais, aber auch einigen Farangs für Fotoshootings oder ein Getränk aufgesucht wird. Und nicht zuletzt finden immer mehr Newbies, die das Tauchen erlernen wollen, finden den Weg zu ihm. Er bietet Schnupperkurse im Pool an oder Touren im Süden auf dem offenen Meer. Während ich gespannt seinen Ausführungen lausche, klingelt ein Telefon.  Khun Audis Freundin Chin möchte uns gerne zu sich ins River View Residence einladen. Unser Instagram-Foto scheint wohl schon neugierige Freunde aufmerksam gemacht zu haben! Klar, möchte ich auch Chin und ihre Rooftop-Bar unbedingt kennenlernen und lass mich auf den nächsten, unbekannten Stopp ein.

Wir trinken unseren Tee aus und verabschieden uns von Khun Aoi, der sich direkt wieder seinen Beagles widmet. Auf dem Weg zur Rooftop Bar streifen wir durch kleine Gässchen mit bunten Wimpeln, vorbei an einer verlassenen Rostlaube. Überall wird geschraubt und gehämmert, das Viertel möchte mehr Guesthouses und Cafés anbieten.

Ein Streifzug durch und nach Talad Noi, Bangkok

Eines der beliebtesten Guesthouses unter den Kennern, ist das River View Residence (ist also nicht nur eine Rooftopbar wie ich erfahre), wo uns Khun Chin schon sehnsüchtig an der Rezeption erwartet. Sie grüßt uns mit einem Wai und führt uns über eine Wendeltreppe auf ihre Rooftop Bar. Natürlich hat dies nichts mit einer Lebua Skybar oder Moon Bar, etc. zu tun, dennoch kann sich der Ausblick auf die Metropole sehen lassen. Insgeheim freue ich mich darüber, dass es nicht solch eine gehypte und stylische Rooftop Bar ist! Come as you are, das gefällt mir und ich mache es mir auf den bunten Kissen gemütlich und genieße die atemberaubende Kulisse im Hintergrund.

Wir bestellen einige Köstlichkeiten aus der Karte und schlagen uns zu sanften Reggae-Beats die Wampe voll. Vor lauter Plaudern und Schlemmen bemerken wir kaum die eintretende Dämmerung und wie  Krung Thep – die Stadt der Engel wie Bangkok liebevoll von seinen Einwohnern genannt wird - im Glitzermeer versinkt. Von Weitem erkenne ich den angestrahlten Wat Arun und auf der anderen Seite das höchste Gebäude der Stadt Maha Nakhorn – dem Jenga-Turm Bangkoks.

Als dann ganz plötzlich „One Night in Bangkok“ aus den Boxen dröhnt, kommen wir in Ausgehstimmung und möchten spontan ins Nachtleben aufbrechen. Doch bevor wir uns losreißen, brauche ich erst einmal einen Kaffee, denn die Bangkoker Nächte sind lang und intensiv. Khun Noi und Audi möchten mich dafür ins angrenzende China Town, genauer gesagt in Soi Nana (nicht zu verwechseln mit Nana in Sukhumvit) entführen.

River View Guesthouse, Bangkok

Und was soll ich sagen? Ich fühle mich hier so ausbalanciert wie mein Ying und Yang-Kaffee. Bangkok du hast mich mal wieder verzaubert und auf's neue überrascht, du spannende und bunte Metropole. Ich freue mich immer wieder bei dir zu sein und lasse mich nun auf dein Nachtleben ein.

Chok di!

Ying und Yang Kaffee, Bangkok
Johanna S
Johanna S, ehemals TAT Redaktion