Maeklong Railway Market

Slow Travel: Thailand mit dem Zug entdecken

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Im Takt des Schienenstoßes ein Land zu bereisen, sich den Wind am Fenster durchs Haar wehen zu lassen und die langsam vorbeiziehende Landschaft zu genießen. Diese Vorstellung gehört für viele in die Welt der Eisenbahnromantik. Wer schnell und nachhaltig von A nach B reisen möchte, zieht moderne Züge vor. In Thailand ist es möglich, auf beide Arten zu reisen. Viele Regionen sind ab Bangkok bequem im Nachtzug erreichbar. Auf mancher Bahnstrecke warten ungewöhnliche Reiseabenteuer und oft dürfen sich Reisende auf herzliche Begegnungen freuen.

Zu den praktischen und schnellen Zugverbindungen in Bangkok zählt der Airport Rail Link. Er verbindet den Suvarnabhumi Airport mit dem Zentrum der thailändischen Hauptstadt. Für mich ist die Fahrt vom Flughafen zur Unterkunft mit dem Zug immer eine besonders schöne Art des Ankommens in Bangkok. Schon am Flughafen stimmen mich die Durchsagen in thailändischer Sprache auf das Reiseland ein.

 

Mit Genuss in die Metropole eintauchen

 

Kurz nach der Abfahrt verlässt der Zug den Tunnel unter dem Flughafen. Die Fahrt in die Stadt verläuft dann fast durchgängig auf einer Brücke. Erst schweift der Blick über Vorortsiedlungen und Felder. Die parallel zur Bahnstrecke verlaufenden Schnellstraßen lassen schon erahnen, dass ich mich vor den Toren einer Metropole befinde. Spätestens bei der Fahrt nur wenige Meter vorbei an den Fenstern des Nasa Vegas Hotels hat der Zug die dicht verbaute Stadt erreicht. An der Haltestelle Makkasan kannst Du in die Metro umsteigen, an der Endhaltestelle Phaya Thai besteht Anschluss zum Skytrain.

Beim Aussteigen aus dem Flughafenzug verlasse ich die durchgängige „Klimaanlagen-Kühlkette“, in der ich mich seit meinem Abflug in Europa befinde. Ich freue mich jedes Mal nach der Ankunft die warme Sonne Thailands auf meiner Haut zu spüren. Immerhin möchte ich in Südostasien den kalten Wintermonaten in Europa entfliehen. Beim Verlassen des hochgelegenen Bahnhofs tauche ich immer weiter in das Leben der Stadt ein. Der Straßenlärm wird lauter, die bunten Tuk-Tuks und Mopeds schlängeln sich durch den Verkehr und der würzige Geruch aus den Restaurants und Garküchen wird mit jedem Schritt die Treppe hinab intensiver. Das ist einer der Momente, auf den ich mich schon Tage vor der Reise freue. Das Eintauchen in die quirlige Großstadt ist ein Ritual. An der letzten Stufe an der Treppe zur Straße bin ich in die quirlige Großstadt eingetaucht und mir ist klar: „Ich bin in Bangkok angekommen“.

Die süßen und herben Gerüche sind jetzt ganz nah, die Suppe und Speisen in den Straßenküchen dampfen vor mir. Am liebsten würde ich mich sofort auf einen der kleinen Stühle setzen, davon probieren und mich anschließend durch die geschäftige Stadt treiben lassen. Aber zuerst muss ich mich noch gedulden und das Gepäck ins Hotel bringen. Großstadtabenteuer sind ohne Rucksack wesentlich unbeschwerter.

 

 

Eine grüne Mango im Zug

Auf Schienen schnell durch Bangkok

 

In Bangkok erreichst Du viele Sehenswürdigkeiten, Märkte und Einkaufszentren einfach mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Der Skytrain (BTS) durchzieht als Hochbahn auf zwei Linien die Stadt Bangkok. Aus dem Zugfenster hast Du einen Blick aus der Vogelperspektive in die Straßenschluchten. Die beiden Skytrain Linien kreuzen sich im Bereich der großen Einkaufszentren „Siam Paragon“, MBK und „Central World“. An einigen Stationen kannst Du vom Skytrain zur MRT umsteigen, so wird das Metro-System in Bangkok bezeichnet. Die „Gold Line“ wurde im Herbst 2020 eröffnet und führt als kurze Peoplemover-Linie durch Thonburi und vorbei am neuen ICONSIAM.

Für Ziele entlang des Chao Phraya-Flusses sind die Expressboote die wahrscheinlich schnellste öffentliche Reisemöglichkeit und eine Attraktion für sich. Sie fahren nur tagsüber und halten in der Nähe beliebter Sehenswürdigkeiten wie dem reich verzierten Königspalast, dem geschäftigen Chinatown oder dem eindrucksvollen Wat Arun. Auf dem Padung Krungkasem Kanal verbinden Elektroboote im 15-Minuten-Takt den Expressboot-Halt am Chao Phraya-Fluss mit dem Lamphong Bahnhof.

In Bangkok werden die Bahnverbindungen weiter ausgebaut. Ein S-Bahn ähnliches Bahnsystem mit derzeit zwei Linien befindet sich im Probebetrieb. Im Laufe des zweiten Halbjahres 2021 wirst Du mit der „SRT Dark Red Line“ den Flughafen Bangkok-Don Mueang und auch den neuen Hauptbahnhof „Bang Sue Grand Station“ erreichen können. Der größte Bahnhof Südostasiens befindet sich im Norden der Stadt und wird Hua Lamphong als Hauptbahnhof 2021 ablösen.

Bisher fuhren alle Fernzüge von Hua Lamphong ab oder endeten dort. Die Architektur des Empfangsgebäudes des alten Hauptbahnhofs in Bangkok ist unverkennbar. Er wurde 1916 im Stil der italienischen Neorenaissance erbaut. Von der Wartehalle mit den hohen Glasfenstern gelangst Du in die große Bahnhofshalle. Dort stehen die Züge zur Abfahrt bereit: Zu den beliebten Inseln und Ferienzielen im Süden des Landes. Zu den geschichtsträchtigen Orten in Ayutthaya und weiter in den gebirgigen Norden nach Chiang Mai. Mit dem Zug ist auch der, bei Touristen weniger bekannte, Isaan im Nordosten Thailands erreichbar. Und Abenteuerlustige reisen mit dem Zug in den Grenzort Aranyaprathet und weiter nach Kambodscha.

 

Hua Lamphong in Bangkok

Mit dem Nachtzug bequem durch Thailand

 

Eine der bequemsten Möglichkeiten, um weite Entfernungen in Thailand am Landweg zurückzulegen, sind die Nachtzüge. Gegenüber dem Flugzeug ist es die entschleunigte und nachhaltige Alternative, um das Land zu entdecken. Schon am Bahnhof stimmen sich die Fahrgäste auf die Reise ein und kaufen an den Essensständen Reiseproviant.

Die Ausstattung der Schlafwagen ist je nach Zugklasse und Strecke sehr unterschiedlich. Zu den beliebtesten Nachtzugverbindungen in Thailand gehört die Strecke von Bangkok nach Chiang Mai. Auf dieser Strecke werden moderne Nachtzugwaggons eingesetzt. Die Abteile sind klimatisiert und Du kannst es Dir auch zu zweit in einem Privatabteil gemütlich machen. Steckdosen in den Abteilen gehören in den modernen Wagen zum Standard. In vielen Zügen erhältst Du auch ein Handtuch.

 

Bahnhof Chumpon

Begegnungen im offenen Schlafwagen

 

Wesentlich abenteuerlicher reist Du im offenen Schlafwagen in der 2. Klasse. Hier befinden sich immer zwei Betten übereinander. Durch einen Vorhang hast Du etwas Privatsphäre in Deiner Koje. Spätestens wenn am Morgen die Betten in Sitze umgebaut werden, lernen die Nachbarn einander kennen. Ich komme in der 2. Klasse schnell mit anderen Reisenden ins Gespräch. Manchmal sind es mangels Thai-Kenntnisse Unterhaltungen mit „Händen und Füßen“. Auch wenn die Gespräche nur auf sehr einfacher Ebene stattfinden, machen mir solche Begegnungen Spaß. Ohne Sprachbarriere finde ich mich oft in einer intensiven Diskussion über das Reisen und die unterschiedliche Kultur und die Gepflogenheiten in Thailand und Europa wieder. Am Ende bekomme ich von Thais oft persönliche und gut gemeinte Tipps für mein nächstes Reiseziel mit auf den Weg.

Oft plaudern Reisende miteinander beim gemeinsamen Frühstück. Entweder hast Du Proviant mit auf Reisen oder Du bestellst Dein Frühstück beim Schlafwagenschaffner. Tee, Kaffee, Früchte, Würstchen und Speck stehen auf der Speisekarte. Wenn Du lieber asiatisch frühstückst, dann entscheidest Du Dich für eine Reissuppe.

Ist niemand zum Plaudern da, genieße ich es während einer Zugreise aus dem Fenster zu sehen. Das ist für mich Zugreisefeeling pur! In Südostasien gehören Palmen zum gewohnten Landschaftsbild. Besonders begeistern mich die satten Grüntöne der Reisfelder, die in manchen Regionen im Süden Thailands zu sehen sind. Von Bangkok Richtung Norden wird die Landschaft zunehmend hügelig. Die Zugreise Richtung Chiang Mai führt auch durch dichte Wälder und Dickicht.

 

Nachtzug in Thailand

Slow-Travel Abenteuer entlang der „Todeseisenbahn“

 

Eine der beeindruckendsten Zugstrecken Thailands führt in der Provinz Kanchanaburi über den Wampo Viadukt. Darauf verlaufen die Gleise abenteuerlich entlang des Kwae Yai Flusses. In Schrittgeschwindigkeit überquert der Zug die lange Holzbrücke entlang der Felsen. Wenn Du schwindelfrei bist, dann schau beim Zugfenster senkrecht durch die Schwellen hinunter in die Tiefe. Vom Wampo Viadukt haben Reisende aber auch einen traumhaften Blick über den Fluss und die sanfte Hügellandschaft.

Die Bahnstrecke ist ein Teil der Thailand-Burma-Eisenbahn. Sie war ein strategisch wichtiges Projekt der japanischen Besatzer im 2. Weltkrieg. Die 415 Kilometer lange Bahnstrecke verband die Bahnnetze von Thailand und Burma. Heute kannst Du nur noch den thailändischen Teil befahren.

Bei der Stadt Kanchanaburi führt eine 320 Meter lange Brücke über den Kwae-Fluss. Sie wurde durch den Roman und die Verfilmung „Die Brücke am Kwai“ bekannt. Ein Teil der Handlung ist fiktiv und die Brücke wurde für den Film in Sri Lanka nachgebaut. Warum die Thailand-Burma-Eisenbahn auch „Todeseisenbahn“ genannt wird, erfährst du im Death Railway Museum (Thailand-Burma Railway Centre) in Kanchanaburi.

Für die Region lohnt es, mehrere Tage Zeit einzuplanen. Ein Besuch des Erawan Nationalpark ist für Wanderungen sehr beliebt. Bei einer Übernachtung in einer schwimmenden Hütte in Kanchanaburi kannst Du die Brücke am Kwai aus einem besonderen Blickwinkel erleben.

Sonderzüge wie der Eastern and Oriental Express machen Halt an der berühmten Brücke. Vom Bahnhof Thonburi in Bangkok, westlich des Chao Praya-Flusses, kannst Du Kanchanaburi und die Orte entlang der „Todeseisenbahn“ mehrmals täglich mit Regionalzügen erreichen. Die Fahrt ist ein besonderes Erlebnis für „Slow Travel“ Liebhaber und Eisenbahnromantiker. Die Regionalzüge führen nur Wagen der 3. Klasse. Bei offenem Fenster kannst Du die Landschaft genießen und Dir den Wind durch das Haar wehen lassen. Entlang der Strecke steigen immer wieder Händler zu und versorgen Dich mit Snacks und Getränken. Du solltest die kleinen Schälchen mit Curry oder die grüne Mango mit scharf-salzig-süß-saurem Dip probieren! Manchmal sitzen Fahrgäste gemütlich an den offenen Türen. Dieses Reisegefühl kann man nur noch selten erleben. In modernen und klimatisierten Waggons können Fenster nicht mehr geöffnet werden. Und auch die Türen bleiben während der Fahrt verschlossen.

Wampo Viadukt / Todeseisenbahn
Gerhard Liebenberger von Anders reisen
Gerhard Liebenberger von Anders reisen

Gerhard Liebenberger schreibt auf seinem Blog Anders reisen seit 2009 über Bahnreisen und Reiseabenteuer.