Mae Klong Railway Market

Ein Tagesausflug zum Mae Klong Railway Market

Geschrieben am:

Ich komme aus dem Staunen nicht mehr raus, als ich nach hinten aus dem Zug schaue und sehe, wie die Markisen wieder aufgeklappt werden. Wie bei einem Domino-Effekt oder einer La-Ola-Welle öffnet sich eine nach der anderen. Was für ein Anblick! Es sind hauptsächlich grüne und blaue Sonnensegel, aber manche sind auch bunt gestreift. Gleichzeitig springen die Besucher, hauptsächlich westliche Touristen, die eben noch an die Wände gedrückt waren, auf die Gleise. Sie wollen noch schnell ein Foto vom Zug erhaschen, bevor er hinter dem Marktgeschehen verschwindet. Das ist nämlich schneller back to normal als man gucken kann.

Ich komme gerade auf dem Mae Klong Railway Market an. Einem eigentlich typisch thailändischen Markt, der aber eine Besonderheit aufweist: Er wird auf Gleisen abgehalten. Nicht irgendwelchen alten Gleisen, die nicht mehr genutzt werden, sondern heute noch befahrenen Gleise. Um genau zu sein, fährt der Zug hier bis zu achtmal am Tag entlang.

Das Abenteuer beginnt in Bangkok

 

Um dieses Spektakel zu erleben, bin ich extra über zwei Stunden angereist. Früh bin ich mit dem Zug aus Bangkok los. Zunächst ging es nach Maha Chai. Hier soll es übrigens die besten Meeresfrüchte-Restaurants in ganz Thailand geben. Vielleicht kann ich mich auf dem Rückweg selbst davon überzeugen? Dann frage ich mich zum Maha Chai Pier durch, der unweit vom Markt liegt.

Für 5 Baht nehme ich die Fähre über den Tha Chin-Fluss. Der Bahnhof für den Zug nach Mae Klong befindet sich nämlich auf der anderen Seite. Die Fähre sieht wie ein überdachtes Floß aus, nicht wie ein Schiff, und sie wird von Fußgängern und Rollerfahrern geteilt, die zwischen den zwei Stadtteilen pendeln. Ein merkwürdiges Gefühl. Nach etwa 10 Minuten komme ich in Tha Chalom an – den Pier auf der anderen Uferseite, der genauso heißt wie dieser Stadtteil von Samut Sakhon. Der Tha Chin vollführt hier eine elegante Schleife und auf der Karte mutet es fast so an, als wäre ich auf einer Halbinsel.

Bis der Zug abfährt, habe ich noch ein bisschen Zeit. Also erkunde ich die Umgebung. Direkt um die Ecke vom Bahnhof wartet ein Kloster: Wat Laem Suwannaram. Ein riesiger goldener Buddha thront anmutig im Lotussitz über dem Platz. Eine Hand auf dem Knie abgelegt, eine mit der Handfläche nach oben zeigend im Schoß sitzt er mit dem Rücken zum Tha Chin auf einer Empore. Auf dem Platz ist ein Teich angelegt, in dem sich der Buddha spiegelt. Was ein herrliches Bild.

Wat Laem Suwannaram

Abfahrt zum Mae Klong Railway Market

 

Als die Abfahrt näher rückt, warte ich am Bahnhof. Besser zu früh als zu spät da sein, auch wenn der Zug zum Mae Klong Railway Market viermal fährt. Die restliche Wartezeit überbrücke ich mit einem Frühstück. Eine köstliche thailändische Nudelsuppe ist in Nullkommanichts verschlungen.

Endlich fährt der Zug ein. Von außen ist er bunt. Rot, gelb und grün. Von innen sieht er jedoch aus wie andere Züge. Ich suche mir einen braunen Plastiksitz am Fenster ganz am Ende des Zuges. Ich habe nämlich den Tipp bekommen, dass ich dann aus dem Zug heraus nach hinten Fotos machen kann. Kurz darauf setzt sich der Zug in Bewegung. Die einstündige Fahrt an sich ist schon ein kleines Highlight. Es ist einfach herrlich, wie das weite Land an mir vorbeizieht. Wir fahren an Salzfeldern und Obstplantagen vorbei. Außerdem geht es durch kleine Städtchen.

Dann wird der Zug plötzlich langsamer. Die Umgebung wird urbaner, die vorherige Weite wird von Häusern und Menschen in Jeans und T-Shirt abgelöst. Ich platziere mich wie geplant im hinteren Teil, von wo ich ein kleines Video und ganz viele Fotos machen kann. Dann ist es soweit und ich merke sofort, dass wir im Bereich des Marktes angekommen sind. Denn kaum ist der Zug vorbei, klappen sich Schirme auf und Touristen machen wie wild Fotos von dem Zug, in dem ich gerade sitze.

Auf dem Weg zum Mae Klong Railway Market

Ankunft auf dem „Schirme-zurück-Markt“

 

Im Schritttempo fährt der Zug in den Bahnhof ein. Ein großes Schild mit der Aufschrift Maeklong Station beweist, dass wir da sind. Der Kopfbahnhof ist zur gleichen Zeit eine Markthalle und so herrscht ein Treiben wie in einem Ameisenhaufen. Ich höre Menschen feilschen, Marktschreier ihre Ware anpreisen und ich muss eine Entscheidung treffen: Frische Kokosnuss oder Smoothie? Ich entscheide mich für eine Kokosnuss, die ich genieße, während ich mich nach einem guten Platz umsehe. Etwa eine halbe Stunde nach der Einfahrt des Zuges fährt er nämlich schon wieder zurück. So habe ich die Möglichkeit, beide Perspektiven aus erster Hand zu erleben.

Der Markt ist sonst eigentlich ein typischer Markt wie jeder andere auch. Es gibt süße Früchte, frisches Gemüse und – durch die Nähe zum Meer – vor allem Fisch und Meeresfrüchte. Wer nach der Nudelsuppe in Ban Laem noch hungrig ist, wird hier zwischen all den Köstlichkeiten garantiert fündig.

Aber noch während ich so über die Gleise schlendere und meine Kokosnuss genieße, muss ich daran denken, wie sich genau hier gleich ein Koloss aus Eisen und Stahl durchschieben soll. Das ist ein bedrückendes Gefühl. Ich habe es zwar eben aus der anderen Perspektive erlebt, aber kann es mir nun nicht mehr richtig vorstellen. Wie soll das gehen mit all den Waren? All den Menschen?

Langsam suche ich mir einen Platz am Rand der Gleise. Garküchen und Saftstände bieten Sitzmöglichkeiten, von denen aus man den vorbeifahrenden Zug bestaunen kann. Kurz darauf beginnen die Händler, gewarnt durch ein akustisches Signal, eilig, aber gleichzeitig routiniert ihre Waren zurückzuziehen. Wenn alles da ist, wo es anscheinend sein soll, werden die Markisen heruntergeklappt. Faszinierend! Daher wird der Markt also liebevoll Talad Rom Hoop (ตลาดร่มหุบ) genannt – der „Schirme-zurück-Markt“. Nun ist tatsächlich Platz für einen Zug.

Alle drängen sich an den Rand, während das rot-gelbe Ungetüm ganz langsam näher rollt. Die Thais geben klare und bestimmte Anweisungen, bis wohin wir uns bewegen dürfen. Sie sind das gewohnt und das merkt man. Es ist ein spannendes, aber auch gefährliches Spiel, bei dem jeder Handgriff sitzen muss. Dann ist es so weit und der Zug schiebt sich direkt vor mir, direkt über den Waren vorbei. Ich halte für einen Moment die Luft an und vergesse fast zu fotografieren. Diese Bahn flößt mir gewaltigen Respekt ein.

Mae Klong Railway Market

Wenn der Zug abgefahren ist

 

Plötzlich ist er vorbei. Ich sehe den Zug noch einige Augenblicke von hinten, bevor sich die Markisen wieder öffnen und mir den Blick versperren. Ich drehe mich um. Alles ist wie vorher. Die Waren stehen wieder an ihrem ursprünglichen Ort. Die Händler sitzen wieder entspannt im Schneidersitz an ihrem Stand oder laufen herum und preisen ihre Ware an. Als wäre nichts geschehen. Verrückt!

Nun ist es Zeit, den Markt zu erkunden, vielleicht das ein oder andere Souvenir zu ergattern. In etwa drei Stunden fährt der Zug wieder hier ein und dann geht die Choreografie der Händler erneut los. Mit dem nächsten Zug werde ich zurück nach Ban Laem fahren, wieder die Fähre nehmen und dort eines der Meeresfrüchte-Restaurants probieren, bevor es zurück in die Metropole geht.

 

Mae Klong Railway Market

Mein Fazit

 

Thailand hat mir einmal mehr bewiesen, dass es nicht nur das Land des Lächelns ist, sondern auch ein Land in dem vieles möglich ist, das in anderen Teilen der Welt undenkbar wäre. Ein Markt auf einem Gleis? Ein Zug, der durch eine Menschenmenge rollt, die von Wänden abgehalten wird, einen echten Sicherheitsabstand einzuhalten? Das klingt ganz schön verrückt. Aber hier ist es möglich und es ist ein echter Touristenmagnet geworden, der jeden Thailand-Aufenthalt zu einem besonderen Erlebnis macht!

Mae Klong Railway Market
Barbaralicious
Barbara von Barbaralicious

Barbara ist Thailand-Fan und schreibt in ihrem Reiseblog Barbaralicious über digitales Nomadentum, Reise-Lifestyle und Reisen ganz allgemein.