Vor unserem Mopedtrip die thailändische Westküste runter und die Ostküste wieder rauf, hatte ich gedacht, eigentlich hab ich in meinem Lieblingsland ja schon fast alles gesehen, aber diese neun Tage dauernde Tour hat mir noch mal ganz neue Seiten des Landes gezeigt.
In Krabi geht es los. Nach 77 Kilometern und entspanntem Verkehr verlassen wir die Hauptstraße und rollen bald gemächlich an den Hat Pak Meng, den was? Nie gehört? Dann geht es euch wie mir.
Dieser breite, unendlich lange Sandstrand, 105 Kilometer von Krabi Town entfernt, war mir bis dahin völlig unbekannt. Offensichtlich sehr bekannt, ist er allerdings bei den unzähligen Schülergruppen, die sich, alle in gleicher Turnhosen-Uniform, aus grell bunt bemalten Bussen an den Strand stürzen. Innerhalb von Minuten sind wir umringt von neugierigen jungen Thais, die wissen wollen, wo wir her kommen, und natürlich, wie uns ihr geliebtes Heimatland gefällt.
Es ist Freitagnachmittag und die umliegenden Streetfoodstände bereiten sich auf den bevorstehenden Wochenendansturm vor. Wir haben Hunger und schlendern am ausgedehnten Angebot entlang, schließlich entscheiden wir uns für die klassische Picknick Lösung, Som tam mit gegrilltem Huhn. Der ausnehmend freundliche Besitzer des Standes leiht uns eine Matte und serviert uns das Mittagsmahl direkt am Strand, mit Blick auf aufragende Kalksteinriesen.
Unser abendliches Ziel für diesen Tag ist die kleine Provinzstadt Trang, sie ist vielen Reisenden als Stoppover auf dem Weg zu den südlichen Inseln, wie z. B. Koh Bulon, bekannt, und abgesehen von den unzähligen Reisebüros, vor denen Menschen auf ihren Weitertransport warten, ein liebenswürdiges, verschlafenes Örtchen. Wir checken im Hotel 23 ein. Das frisch renovierte, mehrstöckige, Haus im Kolonialstil und seine Bewohner sind skurril, aber sehr freundlich, abends dürfen wir sogar unser kleines Moped ins Foyer rollen, damit ihm nichts passiert. Trang gefällt uns jetzt schon so gut, dass wir beschließen mindestens zwei Tage zu bleiben.
Der Thale Noi
Nach einem Besuch im angrenzenden botanischen Garten mit seinen 20 Meter hohen, mit Hängebrücken verbundenen Türmen, und diversen Besuchen in Trangs berühmten Kopi (Kaffee) Häusern, verlassen wir tiefenentspannt das gastliche Trang mit Ziel Phatthalung. Phatthalung ist eine noch entspanntere Provinzstadt, hier ticken die Uhren ganz offensichtlich in Zeitlupe. Aber, im Gegensatz zum Ort selber, ist die Lage spektakulär, gigantische Kalksteinberge liegen wie schlafende Riesen mitten zwischen flachen, giftig grün leuchtenden Feldern.
Der Thale Noi, der See, der unserer Tour den Namen gegeben hat, liegt etwa 25 Kilometer vom eigentlichen Ort entfernt, und ist unser Ziel für den nächsten Morgen. Wir stehen kurz nach Sonnenaufgang auf, denn, am frühen Morgen soll eine Bootstour am schönsten sein. Und schon die Fahrt dorthin macht mich ganz sprachlos vor Schönheit und Anmut. Traditionelle Holzhäuser säumen die, noch leere, Landstraße. Außer ein paar ambitionierten Radfahrern, ist niemand um diese Zeit unterwegs. Das Licht ist mild golden, tieffliegende Vögel begleiten uns, alles ist noch träge und schläfrig. Menschen stehen, vor sich hin träumend, mit der Zahnbürste in der Hand vor dem Haus, Hunde räkeln sich, das Land erwacht. Fröstelnd drücke ich mich ganz dicht an meinen fahrenden Reisegefährten und plötzlich liegt er vor uns.
Der See, glatt wie eine Glasscheibe, dehnt sich bis zum Horizont, Wolken spiegeln sich in der Wasseroberfläche, unwirklich schön liegt das Gewässer vor uns. Wir besteigen ein rot angemaltes, sehr flaches, motorgetriebenes Holzboot. Unser Bootsführer ist sehr rücksichtsvoll, verteilt Strohhüte als Sonnenschutz, und drosselt die Geschwindigkeit sobald wir unsere Kameras auch nur anheben. Das Wasser ist flach, überall im See verteilt stehen kleine Herden von Wasserbüffeln, eingerahmt von hochwachsendem Gras, dösen sie entspannt bis zu den Nüstern im warmen Wasser, begleitet von kleinen weißen Reihern, die auf ihren Köpfen Platz genommen haben. Wir gleiten vorbei an blutroten Seerosen, es ist so schön, dass es fast weh tut, so kitschig schön. Mitte Dezember soll es einen Zeitpunkt geben, da ist der ganze Thale Noi bedeckt von blühendem Lotus. Das ist dann vermutlich so schön, dass man beim Anblick weinen muss... aber dafür hat man den See dann auch nicht fast für sich allein, so wie wir.
Strecke machen
Die Strecke von Phatthalung ins südlich gelegene Songkhla führt uns die meiste Zeit am Wasser des riesigen Binnensees Thale Luang entlang. Wir rollen auf glattem Asphalt, vorbei am schilfbestandenem Seeufer, und winzigen Dörfern mit winkenden Kindern. Songkhla empfängt uns leise, es liegt eine melancholische Stimmung über der Stadt, die mit ihrer geografischen Lage zwischen Meer und dem Thale Sap See besonders sehenswert ist.
Dem Reisegefährten und mir tut ordentlich der Rücken weh, es knackt und knirscht, da kann nur eine ordentliche Thai-Massage Abhilfe schaffen, der erste Salon, den wir zu Gesicht bekommen, muss es sein. Tiefenentspannt verlassen wir den Massagesalon und machen uns auf die Suche nach einer Unterkunft.
Die kleine Meerjungfrau
Am nächsten Morgen machen wir uns auf, die an sehenswürdigen Orten reiche Provinzstadt zu erkunden. Da wäre fürs Erste natürlich der etwa 9 Kilometer lange, breite Strand, der quasi mitten in der Stadt liegt. Absolutes Highlight für die vielen thailändischen Besucher ist mit weitem Abstand eine kleine Meerjungfrau. Richtig gelesen, genau wie in Kopenhagen thront auf einem Felsen die Skulptur einer kleinen Frau mit Fischschwanz, und alle freuen sich sehr, Selfies mit ihr zu machen, was ein Spektakel.
Ein Drahtseilakt
Nach einem gelungenen Mittagessen mit der lokalen Spezialität Mini Mangos, und dem Besuch des wunderschönen Museums, ist unser letzter Programmpunkt, vor der Weiterreise, eine Fahrt mit der Standseilbahn auf den Monkey Hill. Aber Monkey Hill heißt nicht umsonst Monkey Hill. Am Fuße des Berges sind die kleinen pelzigen Kollegen das eigentliche Highlight. Praktischerweise führen, parallel zur Straße jede Menge Kabel entlang, diese Konstruktion erlaubt akrobatische Einlagen jeder Art, alles zu einem einzigen Zweck, irgendwas zu futtern zu ergattern. Wir setzen uns auf die angrenzende Wiese und lassen uns einfach unterhalten.
Das große Nichts
Frühmorgens verlassen wir Songkhla in Richtung Nakhon Si Thammarat auf einer kleinen Straße am Meer entlang, und die eigentliche Attraktion ist ein großes Nichts. Fast 100 km erstreckt sich ein absoluter Traumstrand. Es gibt weder Hotels, noch Strandbuden, noch irgendeine Form des Tourismus, wir können es kaum glauben. Einzig verstreut liegende Ansammlungen von Fischerbooten und künstliche Seen für die Krabbenzucht sind Zeugnis, dass die Gegend überhaupt bewohnt ist.
Nakhon Si Thammarat ist ein für Buddhisten wichtiger Wallfahrtsort und beherbergt mit dem Wat Phra Mahathat eine der ältesten Tempelanlagen des Landes. Ansonsten ist der Ort eine ziemlich klassische thailändische Provinzstadt, was seinen eigenen Charme hat, wenn man es gern ruhig hat und vor allem, wenn man gut essen möchte.
Mittlerweile haben wir schon einige Zeit auf dem Moped verbracht, und ein wenig Entspannung für den geplagten Rücken, würde uns sicher gut tun. Wir buchen uns online ein kleines Bungalow in Sichon und sind total begeistert von der verschlafenen Atmosphäre des Ortes. Abends versammeln sich thailändische Großfamilien am Strand um zu picknicken, ansonsten haben wir den palmbestandenen Strandabschnitt vor unserem Miniresort fast für uns. Wir spielen Billard mit Blick aufs Meer, essen wunderbar scharf und völlig ungeachtet jeglicher westlicher Einflüsse, kurz gesagt, es ist das Paradies.
Nach Tagen himmlischer Ruhe verlassen wir Sichon in Richtung Surat Thani. Bekannt ist die kleine Stadt vor allem als Durchgangsort für Reisende mit Ziel Koh Samui oder Koh Tao, aber auch hier lohnt es sich zumindest den lokalen Nachtmarkt zu besuchen. Mit Blick auf den trubeligen Hafen, sitzen wir auf wackeligen, rosa Plastikstühlen, schauen in den pinken Sonnenuntergang und freuen uns an reichlich scharfen Snacks, die begleitet von einem eiskalten Singha-Bier, noch mal so gut schmecken. Das Leben ist schön!
Die letzte Etappe, mit Ziel Krabi, ist recht unspektakulär, wir entscheiden uns für die schnelle Variante und sind nach ca. 165 Kilometern über gut ausgebaute Straßen, wieder zurück am Ausgangsort unseres Loops.
Was für ein Trip! Fast 1200 km waren wir unterwegs und haben ein Thailand erlebt, was in weiten Teilen so gar nicht unseren Vorstellungen entsprach, eine beeindruckende Natur mit Karstbergen und menschenleeren Stränden, mit nur sehr wenigen ausländischen Touristen, aber umso gastfreundlicheren Einheimischen. Mit sensationellem Essen, ohne westliche Kompromisse und einer Atmosphäre, die uns vorkam, als wäre ein wenig die Zeit stehen geblieben. Wir kommen wieder!